Zahlreiche Jagdhunde im Tierheim
Yeti und ich treffen im Juli 2016 auffällig viele Jagdhunde im Tierheim Refuge S.P.A. Poitiers und Refuge de l’Angoumois S.P.A. Mornac. Warum sind sie alle hier?
Die Wälder der westfranzösischen Region Touraine sind weitläufig. Die Jagd zu Pferd mit Hundemeuten hat hier Tradition. Früher zog es den Adel aus Paris in die Touraine um dort Jagden durchzuführen. Noch heute wird in den Wäldern rund um die Städte Poitiers und Angouleme von September bis Februar mit Hundemeuten Jagd auf Rehe, Hirsche und Wildschweine gemacht. Die teilweise über 100 Hunde fassenden Meuten bestehen aus, bei uns unbekannten Rassen wie Grand Anglo-Français, Gascon Saintongeois oder Basset fauve de Bretagne.
„Bei den Jagden bleiben oft schwache oder verletzte Hunde im Wald zurück. Immer wieder werden sie auch ausgesetzt, wenn sie keine Funktion mehr für ihre Besitzer haben“, erzählt uns Emma Lee. Emma Lee engagiert sich seit drei Jahren im Tierheim in Mornac. Es liegt am Rand des Waldgebiets Foret Braconne. „Wir bekommen Hinweise von aufmerksamen Spaziergängern. Dann ziehen wir los und suchen die gesichteten Hunde im Wald“.
Sensible Naturen
Die französischen Meutehunde seien sehr sensible Naturen, die durch schlechte Behandlung leicht „gebrochen“ werden können. Sie leben in der großen Hundegruppe draußen und nicht mit Nähe zum Besitzer im Haus. So seien sie engeren Kontakt mit Menschen nicht gewohnt, scheu und nicht einfach anzulocken. „Die Findel-Hunde sind bis auf die Knochen abgemagert, sodass wir sie vorsichtig mit Futter anziehen können“, berichtet Emma Lee.
Im Tierheim im 80 Kilometer entfernten Poitiers ein ähnliches Bild: Viele französische Jagdhunde warten auf ein neues Zuhause. „Es gilt nicht für alle Halter von Meuten, doch wie wir feststellen mussten leider für zu viele: Die Besitzer haben keinen Überblick über ihre riesigen Hundegruppen. Es fällt ihnen nicht auf, wenn Hunde nach der Jagd fehlen. Beziehung pflegen sie nur zu den stets zwei „Meute-Anführern“, sagt Volontärin Beatrice Czornys. Meistens seien die gefundenen Hunde zu identifizieren. Doch die benachrichtigten Halter seien nicht bereit die Hunde wieder zu sich zu nehmen. Sie wollen die Gebühr von 65 Euro nicht bezahlen, die das Tierheim für das rechtlich vorgesehene micro-chippen in Rechnung stellt. „Den Betrag investieren die Jäger nur in ihre zwei Meute-Anführer“, weiß Beatrice aus Erfahrung.
Ein Problem für die Tier-Auffangstationen ist, dass die meisten Franzosen die einen Hund aus dem Tierheim aufnehmen möchten, keine Jagdhunde wählen. „Sie wollen Labradors oder Möpse. Jagdhunde sind in Frankreich noch stets nur etwas für Jäger und für die Außenhaltung“, so das Tierheimteam.
In Deutschland hingegen seien Rassen wie der Grand Anglo-Français zwar noch unbekannt, aber immer häufiger als Familienhund gefragt. So arbeiten die französischen Tierstationen Poitiers, Mornac und Couzeix zusammen mit der TINO-Tiernothilfe Odenwald oder dem Tierschutz Lübeck und Umgebung e.V.. Zirka einmal pro Monat reist ein großer Transporter mit gefleckten, schlappohrigen „Anglos“ zu den Kooperationspartnern nach Deutschland, die die ausgefallenen Jagdhunde im Tierheim weiter vermitteln.
Jagdhunde im Tierheim Lübeck
Sechs Wochen nach unserem Besuch der französischen Tierheime fahren Yeti und ich Ende August 2016 zum Tierheim Lübeck. Gerade ist dort ein Transport mit Jagdhunden aus Mornac und Poitiers angekommen. Unter den, von den 18 Stunden Fahrt erschöpften Hunden ist auch auch Flick, ein frech aussehender Griffon-Anglo-Mischling mit dem wir zusammen in Poitiers spazieren gegangen sind. Ob er uns wieder erkennt?
Seit gut einem Jahr kooperiert der Tierschutz Lübeck und Umgebung e.V. mit den Tierheimen in Frankreich. 20 Jagd- und Meutehunde, die in Frankreich keine Vermittlungschancen hatten, wurden seitdem im Lübecker Tierheim aufgenommen und erfolgreich vermittelt. „Wir halten hier vorrangig Hunde mit sozialen Defiziten. Viele müssen einen Maulkorb tragen, können bei uns jedoch in Rudeln leben anstatt in Einzelboxen. Die sozial top-verträglichen Meutehunde aus Frankreich sind ein toller Ausgleich für unsere anderen Hunde“, erklärt uns Tierheimleiter Nikolaus Stoppel. Zudem würden die „netten Franzosen“ mehr Interessenten ins Tierheim ziehen und somit die Vermittlungschancen für alle Hunde erhöhen.
Auch mir gefallen die „netten Franzosen“ sehr. Sollen wir Flick adoptieren? Eine ganze Zeit lang frage ich mich das, wälze Vor- und Nachteile im Kopf hin und her, entschließe mich letztendlich aber gegen einen zweiten großen Hund. Bei unseren vielen Reisen im nicht all‘ zu geräumigen Wohn-Van wird es dann doch zu eng. Hoffentlich haben Flick und seine französischen Kollegen inzwischen alle ein schönes neues Zuhause gefunden!
Toller Beitrag, traurig das die Jäger ihre Hunde dann nichtmal zurück nehmen ?.
Ich frage mich auch, ob die Hunde nicht eifersüchtig werden, wenn zwei von ihnen besser behandelt werden. *nachdenk*
Liebe Grüße wünscht Tom von Little Paw:)
Hallo Tom,
danke für Deine Nachricht.
Untereinander eifersüchtig werden die Meutehunde denk‘ ich nicht. Sie leben ja im großen Rudel und bilden dort ihre eigene Rangfolge. So wie ich das verstanden habe, sind es die eh schon ranghöchsten Hunde, die der Jäger zu seinen engsten Jagdverbündeten macht.
Ich bin hier in Deutschland Jägerin und wollte einen Grand Bleu de Gascogne (7 Monate), der schon mit 8 Wo. ins Tierheim kam, bereits als Familienhund vermittelt war und wieder im Tierheim (S.P.A) abgegeben wurde, eine Chance in Deutschland geben. Da ich bereits 10 Jahre eine griechische Bracke aus einem Tierheim jagdlich geführt hatte, waren wir ganz zuversichtlich. Wir haben das Tierheim angeschrieben, uns vorgestellt (Bauernhaus, ländliches Umfeld, großes Grundstück, Familienhund, aber auch Jagdbegleiter). Danach kam eine recht schroffe Mail, dass man grundsätzlich an Jäger nicht vermittelt. Hierüber habe ich mich sehr geärgert, denn ein Land und ein Tierschutz, welcher immer noch mit Tötungsstationen arbeitet, kann sich solch eine Einstellung leisten ? Jagen in Deutschland unterscheidet sich erheblich von Frankreich und ist nicht zu vergleichen. Unsere Jagdhunde sind heute in erster Linie Familienhunde, die auf die Jagd gehen. Traurig, dass dieser Hund sicherlich als Familienhund nicht mehr vermittelt werden kann und über kurz oder lang in der Tötungsstation landet, denn kein S.P.A. Tierheim kann es sich leisten ein Tier 12 Jahre durchzufüttern.
Das ist ein interessantes Statement! Ich werde mal im Auffang in Poitiers nachhaken, ob und warum das so gehandhabt wird.
Übrigens: Ich selbst habe im April 2017 das „Grüne Abitur“ bestanden. Habe die Jagdausbildung ohne Waffe absolviert, da ich als freie Journalistin mit dem Schwerpunkt Tiere und Natur gerne tiefer in das Thema Jagd eintauchen wollte. In der aktuellen Ausgabe des Magazin „Partner Hund“ gibt es einen Bericht von mir zum Thema „Jagdhundeausbildung im Wandel“. Leider hat das Feld Jagd und auch deren Hundeausbildung noch immer einen schlechten Ruf (das brauche ich Ihnen ja nicht zu erzählen)…nicht immer, aber oft zu Unrecht.
Schöner Bericht!
Wir haben im September 2016 einen Hund aus dem Tierheim Lübeck zu uns geholt!
Es ist der schwarz -weisse auf dem Foto das Herr Stoppel zeigt!!
Es war eine nicht einfache Anfangszeit, aber mittlerweile hat sich unser Hundi zu einem anhänglichen, verschmutzen und menschenbezogenen Tier entwickelt!
Wir sind froh ihn bei uns zu haben und genießen jeden Tag aufs Neue!
Liebe grüße
Hallo Daniela,
ach das ist ja toll! Und es freut mich, dass Du meinen Artikel gefunden hast.
Ich hatte damals ja auch fast einen „Franzosen“ adpotiert.
Viel Spaß wieterhin mit eurem tierischen Freund und fröhliche Weihnachten!
Wir haben vor zweieinhalb Jahren den genannten Flick zu uns genommen. Anfangs gab es sehr große Schwierigkeiten, da Flick nichts kannte. Aber mit viel Geduld und Verständnis entwickelte Flick sich zu einem super verschmutzen aber auch total albernen Kumpel, der uns immer wieder zeigt, wie dankbar er uns ist.
Wir haben vor zweieinhalb Jahren den genannten Flick zu uns genommen. Anfangs gab es sehr große Schwierigkeiten, da Flick nichts kannte. Aber mit viel Geduld und Verständnis entwickelte Flick sich zu einem super verschmusten aber auch total albernen Kumpel, der uns immer wieder zeigt, wie dankbar er uns ist.
Hallo Kirsten,
ach, das ist ja toll zu hören! Das freut mich wirklich sehr!
Heißt Flick heute immer noch Flick? Sendet doch mal ein Foto, fände es spannend ihn wieder zu sehen.
Wie steht es mit dem Jagdtrieb? Könnt ihr ihn ohne Leine laufen lassen?
Danke für Deine Nachricht, liebe Grüße und eine dickes Knuffelwuff an Flick.
Hallo, ja er heißt immer noch Flick und hat auch seinen Jagdtrieb beibehalten. Wenn wir spazieren gehen können wir Flick auch gerne ohne Leine laufen lassen, weil er gut abrufbar und folgsam geworden ist. Aber wir müssen viel mit ihm arbeiten, denn auch seine Eigenwilligkeit hat er behalten. Er braucht sehr viel Verständnis und Lob, denn seine Vergangenheit, er muss sehr viel Schlimmes erlebt haben, kommt immer wieder durch. Bei uns ist er aber sehr glücklich und kann auch ausgelassen toben. Er ist einfach nur ein toller Hund und ich gebe ihn nicht mehr her.
Wir haben vor 2 Jahren einen damals ca. 2 Jahre alten Jagdhund aus dem Tierheim in Poitiers aufgenommen.
Es ist ein Griffon Mix und sieht einem Fauve de Bretagne sehr ähnlich, hat aber nur eine Widerristhöhe von ca. 45 cm.
Auf alle Fälle kann ich bestätigen, dass es sich um einen ganz liebe Rasse handelt. Er lebt bei uns als Familienhund, der aber natürlich sehr viel Auslauf und Beschäftigung benötigt. Ansonsten ist er vollkommen ausgeglichen.
Grundkommandos konnte er bereits, als wir ihn übernommen haben. Alles weitere lernte er verhältnismäßig leicht. Wir versuchen ihn, da wir ländlich wohnen, möglichst oft ohne Leine laufen zu lassen. Der Rückruf klappt auch recht gut, trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass er plötzlich einer Fährte folgt. Wobei er aber nach wenigen Minuten problemlos zurückkommt. Sein Wesen ist sehr sensibel und mit Härte würde man bei ihm absolut nichts erreichen.
Sein Fell ist absolut pflegeleicht und auch so ist er von robuster Natur.
Wir haben unsere Entscheidung noch nie bereut.
Liebe Martina,
danke für Deine Nachricht. Es freut mich wirklich immer sehr, hier zu lesen, dass die französischen Jagdhunde ein liebevolles neues Zuhause gefunden haben. Mein Respekt auch davor, die Aufgabe zu meistern, denn ich weiß, dass diese Hunde zwar unglaublich hübsch aussehen, verschmust und sozial kompatibel sind, aber dennoch auch eine Herausforderung was ihre Erziehung und das Jagdverhalten angeht. Dafür bracht man ein Händchen! Schade, dass ihr hier in der Maske keine Möglichkeit habt, Fotos einzusetzen. Ich würde euren tierischen Kumpel gern mal sehen. Viel Freude weiterhin und alles Gute.
Hallo Carolin,
ist das Titelfoto in Mornac aufgenommen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Hund hinten links Jano ist. Der wohnt seit Ende August 2016 bei uns.
Würde mich über Rückmeldung freuen.
Vielen Dank für deinen Bericht über die französischen Meutehunde.
Liebe Grüße
Ilka
Hallo Ilka,
danke für Deine Nachricht und das Lesen meines Beitrags.
Stimmt, das Titelfoto habe ich in Mornac gemacht. Ach das ist ja toll, wenn Du Deinen Hund darauf wieder erkennst.
Schön, dass er ein gutes neues Zuhause gefunden hat. Und dann heißt er auch noch fast wie meiner (János) 🙂
Hast Du Jano direkt aus Mornac bekommen/abgeholt oder hat er zunächst eine Reise in eines der Partner-Tierheime in Deutschland gemacht? Jetzt bin ich doch ein bisschen neugierig 🙂
Vielleicht hast du Lust nochmal zu antworten.
Liebe Grüße
Caro
Hallo Caro,
ich arbeite ehrenamtlich bei Tiere in Not Odenwald und habe angeboten ihn auf Pflegestelle zu nehmen, wenn er nach Deutschland kommt. Der Rest ist sozusagen Geschichte 😅 Geht immer schief, wenn ich mir die Hunde selbst aussuche die auf Pflegestelle kommen…
Liebe Grüße
Ilka
Ich habe vor 7 Jahren einen Anglo Francais aus Poitiers, der in einer Nothundestation in Norddeutschland gelandet war, übernommen. Er wurde in Frankreich angefahren, hatte einen gebrochenen Oberschenkel und war somit für den Vorbesitzer uninteressant. Er war gut 4 Jahre alt, wie wir ihn aufnahmen. Anfangs auch eher schüchtern und unsicher. Er hat sich auch zu einem sehr unkomplizierten, entspannten, unglaublich verschmusten Hund entwickelt. Er macht alles mit, orientiert sich an uns und ist somit wirklich leicht zu führen. Jagdtrieb, bis auf Katzen, geht ihm erfreulicherweise völlig ab weshalb er auch meistens unangeleint laufen kann. Er ist sehr freundlich zu anderen Hunden und vermeidet Konflikte. Alles in allem ein echter Glücksgriff und ich hoffe, daß er uns noch lange begleitet.
Liebe Ursula,
das klingt tatsächlich nach ganz großem Glück! Ich wünsche euch noch eine lange schöne Zeit mit eurem Anglo.
Sehr interessant zu lesen, dass es auch Anglos gibt, denen das Jagen wohl völlig abgeht. Scheint aber eine Ausnahme zu sein. Danke für das Lesen meines Blogberichts und liebe Grüße.
Carolin