Helfer stets gesucht für griechische Esel-Auffangstation
Esel verbindet man mit Griechenland, wie Schafskäse und Ouzo. Sie trotten dort als Lastenträger über kurvige Bergstraßen und helfen bei der Arbeit auf dem Feld und im Olivenhain. Urlauber, die dieses Bild im Kopf haben – wahrscheinlich durch Postkartenmotive oder frühere Besuche entstanden –, stoßen heute auf eine andere Situation. Motorisierte Fahrzeuge haben die Vierbeiner längst abgelöst. Einerseits aus Tierschutz-Sicht gut für die Esel, die oft für sie viel zu schwere Olivensäcke oder Menschen tragen mussten. Doch leider gibt es wie immer auch die andere Seite der Medaille: „Wohin nun mit dem unnütz gewordenen Tier?“, fragen sich die Besitzer.
Auf der griechischen Insel Korfu ist es Gang und Gebe seinen oft schon in jungen Jahren verschlissenen Esel einfach in der Wildnis auszusetzen. Auch der Verkauf an Tierhändler, die die Esel wiederum für den Export auf die italienischen Fleischmärkte verkaufen, ist eine gängige Methode um das Tier loszuwerden. „Das haben die sanften Langohren, die jahrelang treu schwere Arbeit verrichteten, nicht verdient“, dachte die Engländerin Judy Quinn. Als Volontärin bei einer korfiotischen Hunde-Auffangstation wurde sie auf die erschreckende Situation der Esel aufmerksam, kehrte ihrer britischen Heimat den Rücken und gründete 2004 die Esel-Auffangstation Corfu Donkey Rescue.
Die Esel können besucht werden
Die Eselauffangstation Corfu Donkey Rescue steht Besuchern offen. Ein Schild nahe dem Dorf Doukades an der Hauptstraße 24, die Korfu-Stadt mit dem Badeort Paleokastritsa verbindet, leitet über einen Feldweg dorthin. Am Tor zur Station werden wir von einem ganzen Rudel Hunde begrüßt. Ein Teil von ihnen hatte eine Streunervergangenheit und fand auch Zuflucht bei Judy Quinn, deren Herz eben nicht ausschließlich für Esel schlägt. Auch Fundkatzen werden im Rescue aufgenommen. Das eingezäunte Gelände mit Ställen und Wiesen liegt inmitten eines Natur-Idylls. Die Zikaden zirpen, Vögel zwitschern in knorrigen Olivenbäumen und obwohl die Sonne längst den Zenit überschritten hat, ist es noch heiß.
Hinter jedem Esel steckt eine traurige Geschichte
54 Esel grasen derzeit in der durch Spenden finanzierten Rettungsstation abseits der viel befahrenen Touristenstraßen. Studentin Hanneke aus den Niederlanden arbeitet für ein paar Wochen als ehrenamtliche Helferin im Corfu Donkey Rescue. Sie führt uns herum und erzählt uns die oft traurigen Geschichten der Esel. „Da drüben im Stroh unter dem großen Wetterschutzzelt liegt Xara“. Wir wandern zu ihr herüber. Ganz nah dürfen wir an die Esel heran und sie auch streicheln. Kaum zu glauben, dass die so ausgeglichen wirkende Esel-Dame Xara vor zehn Jahren auf der griechischen Insel von einem Auto angefahren und nicht behandelt wurde. Nur ihr krumm zusammengewachsener Vorderlauf deutet auf das Schreck-Erlebnis hin. Mit gebrochenen Knochen arbeitsunfähig, wurde sie damals vom Besitzer im Stich gelassen. Drei Monate nach dem Unglück wurde Xara von Judy Quinn gerettet und lebt seitdem in der Esel-Auffangstation. „Sie ist der stärkste Esel den wir hier haben. Trotz ihrer schlimmen Vergangenheit, hat sie sich gut gefangen. Tierärzte haben sie untersucht und sagen, dass sie mit ihrem Handicap schmerzlos leben kann. Es ist erstaunlich wie gut Tiere mit Behinderungen zurechtkommen können“, sagt Judy Quinn, die gerade von einem Einsatz zurück ist und sich Zeit nimmt, uns zu begrüßen.
Uns fällt ein großer Esel auf. Soukia sei tatsächlich die derzeit größte unter den Eseln, die im Corfu Donkey Rescue untergebracht sind, erfahren wir. Sehr ängstlich und schreckhaft wurde sie 2009 von Händlern in der Station abgegeben. Zwei Jahre hätte es gedauert, bis die Eselstute begann Menschen wieder zu vertrauen. „Der Schnitt in ihrem Ohr rührt daher, dass ihre Vorbesitzer es einschlitzten, wenn der Esel krank war“, erzählt uns Judy Quinn. Eine Methode die leider noch immer von der älteren Generation der Eselbesitzer praktiziert würde um bei Krankheit das „schlechte Blut“ zu entfernen.
Kontaktfreudige Tiere
So hat jeder Esel im Corfu Donkey Rescue seine eigene traurige Vergangenheit. Umso erstaunlicher ist es, wie sehr sich diese Tiere trotz der schlechten Erfahrungen, nach menschlicher Zuwendung sehnen. Die Langohren kommen schon angetrabt, wenn Gäste das Tor zum Areal durchschreiten. Sehr kontaktfreudig ist auch Esel Paul, der zu alt war, um für einen deutschen Reiseanbieter Kinder auf seinem Rücken über die Insel zu tragen. Paul liebt es, sich das Fell kraulen zu lassen. Ganz besonders von Miranda. Die griechische Neurologin die in einem Krankenhaus in Deutschland arbeitet, verbringt ihre Urlaube wegen der Esel stets auf Korfu. Seit mehreren Jahren hilft sie für ein oder zwei Wochen auf der Esel-Auffangstation. „Ich versuche den Eseln Zuneigung zu geben und dafür bekomme ich viel zurück“, meint Miranda während sie Paul liebevoll am Hals streichelt. Sie könne dabei abschalten, ihren Stress abbauen, völlig zur Ruhe kommen.
Dass Esel ausgleichend auf Menschen wirken, wie gut es ihnen und einem selbst tut, sie zu streicheln, mit ihnen spazieren zu gehen, erlebt man als Besucher oder freiwilliger Helfer im Donkey Rescue. Judy Quinn berichtet, dass sie oft beobachtet habe, dass sich die Esel ihre Menschen aussuchen. Dann entstünde ein besonderes Band zwischen dem einen Tier und dem Menschen, so wie bei Paul und Miranda.
Was führte Dich eigentlich damals nach Korfu, Judy?
– „2004 verließ ich meine Heimat England mit einem voll gepackten Auto und meinen zwei Hunden. Ich war unzufrieden mit meiner Lebenssituation, obwohl ich eigentlich einen schönen Job als Pferdetrainerin hatte. Von Korfu-Urlauben aus den 80er Jahren wusste ich, dass die Lebensbedingungen vieler Tiere auf der griechischen Insel unhaltbar sind. Ich wollte helfen, ging nach Korfu und arbeitete zuerst als Volontärin bei einer Hundehilfsorganisation. Dabei wurde ich auf die erschreckende Situation der Esel aufmerksam. So wurde ich aktiv für diese armen Geschöpfe und gründete 2004 das Corfu Donkey Rescue. Das erfüllte mich. Allerdings hätte ich damals nie gedacht, dass dieses Projekt zu meinem kompletten Lebensinhalt würde. Heute bereue ich es keineswegs. Es ist ein Privileg diesen stoischen Tieren zu helfen“.
Schwierige Suche nach einem passenden Gelände
Das Grundstück, das Judy Quinn 2004 auf Korfu kaufte um ihre ersten aufgenommenen Esel unterzubringen, musste sie schon bald wieder verlassen, weil sich die Nachbarn beklagten. Doch die tierliebe Engländerin lernte den Griechen Spiros kennen, der sich gut mit Eseln auskennt. Er knüpfte für sie Kontakte zu Futterverkäufern und einem Hufschmied und er vermietete ihr ein Gelände mit Stall, auf das Judy mit ihren Eseln im Mai 2005 umziehen konnte. Doch auch dort sollte das Hilfsprojekt noch nicht zur Ruhe kommen. Vier Jahre später beschwerten sich Leute die den Esel-Freunden Steine in den Weg legen wollten, bei der Regierung. Da sich die Esel-Auffangstation auf gemietetem Privat-Grund befand, deklarierte die Regierung sie als nicht legal und gab dem Team 20 Tage um einen neuen Standort zu finden, der hohen Auflagen entsprechen musste. „Das war unmöglich. Deswegen starteten wir im Internet eine internationale Kampagne, die zum Glück so erfolgreich war, dass uns die Behörden mehr Zeit einräumten“, erinnert sich Judy Quinn. Nach einem Jahr der Suche fand sich endlich ein geeigneter Ort, weitab der Wohnsiedlungen auf dem Dank Spenden Zäune und Gebäude errichtet werden konnten. Allein 12.000 Euro mussten gezahlt werden um eine Lizenz für das Projekt zu bekommen.
Die Mühen haben sich gelohnt: Über 500 Esel wurden seit der Gründung aufgenommen. Alte Tiere verbrachten dort einen geruhsamen Lebensabend, Kranke wurden geheilt, einige Esel wurden vermittelt in ein sicheres neues Zuhause. Das Projekt gewinnt unter den Einheimischen immer mehr an Akzeptanz. Viele Korfioten sind froh einen Anlauf zu haben, zu dem sie ihre alten Tiere bringen können. Doch leider gibt es auch Situationen, in denen das Auffang-Team nicht mehr helfen kann: Manche Esel-Halter bitten erst dann um Unterstützung, wenn es für ihr Tier schon zu spät ist. Einige setzen ihr Tier aus, binden es irgendwo an, wo es erst Wochen später in erbärmlichem Zustand von Helfern gefunden wird.
Auf Korfu mangelt es an Veterinären die Pferde und Esel kompetent behandeln können. Die Ausbildung der Tierärzte konzentriere sich laut des Auffang-Teams mehr auf die Bedürfnisse der Haustierbesitzer, da diese die Rechnungen bezahlen können, die Bauern hingegen nicht. Spezialisierte Tierärzte u.a. aus den Niederlanden und der Schweiz helfen immer wieder auf der Station. „An meinem ersten Einsatztag auf Korfu wurde ich zu einem Esel außerhalb der Station gerufen. Das Tier hatte einen alten Verband um. Der lokale Tierarzt hätte bereits Medikamente verabreicht, erzählten die Besitzer. Die Medikamente aber haben nicht geholfen, der Esel hatte bereits seinen Huf verloren und mir blieb nicht anderes übrig als ihm die erlösende Spritze zu geben“, berichtet uns die niederländische Tierärztin Karina, die auch zum Helfen auf Korfu ist.
Wie kann man helfen?
Besucher und Helfer werden auf der Esel-Auffangstation dankbar willkommen geheißen. Mindestens vier Volontäre sind nötig um die tägliche Versorgung der Esel sicher zustellen. Flug und Unterkunft müssen selbst bezahlt werden. Es gibt aber eine kleine Pension in der Nähe vom Corfu Donkey Rescue, die freiwilligen Helfern ein Zimmer zu extra günstigem Preis zur Verfügung stellt. Besonders im Winter mangelt es an Helfern, da es in dieser Zeit keine direkten Flüge nach Korfu gibt. Auch Tierärzte aus aller Welt kommen für freiwillige Einsätze zur Esel-Auffangstation. „Viele junge Tierärzte und andere Unterstützer kommen schon seit Jahren regelmäßig. Das zeigt, dass die Arbeit hier befriedigend ist und eine gute Atmosphäre herrscht, aber in erster Linie sind es wohl die Esel selbst die einen immer wieder zurückkommen lassen“, sagt Judy Quinn.
Wer sich für einen Freiwilligen-Einsatz auf der Esel-Auffangstation interessiert, kann sich am besten an die Martina und Jürgen Bolz Stiftung wenden, Tel. 02427/905820, bolzstiftung@juergenbolz.de.
Weitere Informationen gibt es auch hier oder noch aktueller auf facebook, Gruppe: Corfu Donkey Rescue
Helfen kann man auch noch auf ganz andere Art: Man kaufe einfach das Buch „Fuzzy – Die Geschichte eines griechischen Esels“, von Uschi Niemann. Der Erlös aus dem Buchverkauf kommt den Eseln auf Korfu zu Gute.
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Beim Freiwilligen-Einsatz auf Korfu bleibt immer auch Zeit die Insel zu erkunden. Einfach einen Roller mieten und los geht’s. Ein Besuch der siebtgrößten Insel Griechenlands lohnt sich.
Hallo Caro, man kann nicht über alle Probleme in dieser Welt berichten, aber wenn man ihnen direkt begegnet, sollte man handeln, so wie du/ihr! Vor etlichen Jahren bin ich zufällig mit meiner Schwester bei der „alten“ Auffangstation vorbeigekommen. Die Seufzer der Esel erfüllten die Luft und wenn sie hätten sprechen können, wären wir noch trauriger nach Hause gefahren. Wer es weiß, hilft gerne!
Hallo Monika,
Du kennst die Auffangstation?
Ja, sieht man das alles vor Ort, berühren einen die Esel unglaublich.
Das war 2009, als wir die Gegend erkundeten. Ein Herr, der dort arbeitete, sagte uns, dass die Eselchen hier ihr „Gnadenbrot“ erhalten würden und dass es Probleme gäbe (ob mit Behörden oder Nachbarn weiß ich nicht mehr). Nach Reichtum sah es dort auf jeden Fall nicht aus. Wir waren froh zu hören, dass sich „jemand um das letzte Glied dieser Kette“ sorgt und kümmert.
Ja damals gab es Ärger mit den Nachbarn. Deshalb wurde händeringend ein anderes Gelände gesucht. Musste natürlich auch finanziert werden. Das neue Gelände ist für die Esel natürlich super. Da groesser und durch die Spenden konnte dort einiges getan werden. Nun ist es für die Esel schöner dort. Sie können dort bleiben und werden behütet bis sie nicht mehr können oder auch von alleine einschlafen. Die meisten sind ja recht alt und haben ihr Leben lang arbeiten müssen. Sie werden dort – wenn sie Glück haben – abgegeben wenn sie „ausgedient“ haben. Es wird aber mehr das dort abgegeben wird und nicht mehr einfach im Gelände an einem Baum gebunden. Gott sei Dank hat sich da schon ein wenig was getan. Der Hof ist auf jeden Fall ein Besuch wert.
Hallo, wir sind gerade auf Korfu und kommen aus Berlin. Wir lieben Esel und ich würde den Tieren gerne was mitbringen. Darf man das? Und wenn ja, dann was?
Liebe Grüße Fam. Gronwald
Liebe Familie Gronwald,
schön, dass ihr die Esel-Station besuchen wollt. Es ist nun schon eine Weile her, dass ich dort war und sicher hat sich vieles verändert. Leider kann ich nicht beantworten, ob und was die Esel benötigen/vertragen. Am besten wendet ihr euch direkt an das Team oder stellt die Frage in die Facebook-Gruppe „Corfu Donkey Rescue“. Dort bekommt ihr schnelle und kompetente Antwort.
Viel Freude
Carolin