Durch’s Baltikum – Teil 1
Litauen, der geografische Mittelpunkt Europas – Genau wie im Osten Polens, der Suwalki-Region, ist die Landschaft hier im Süden des Baltikums flach und dicht bewaldet. Unser erstes Ziel mit dem Van von Polen aus kommend ist der Kurort Druskininkai mit dem benachbarten Dzūkija-Nationalpark, ganz nahe der Grenze zu Weißrussland. Im idyllischen Druskininkai gibt es einen großen Kurpark am Flussufer und eine breite Promenade. Man kann gut mit Hund spazieren gehen und sollte dabei der leuchtend blauen russisch-orthodoxen Kirche mit ihren sechs Zwiebeltürmen einen Besuch abstatten. Überraschend treffen wir dort einen Pfarrer, der unsere Heimat Osnabrück gut kennt und auf Deutsch und Englisch Interessantes über Druskininkai berichtet. Er tätschelt Yeti über den Kopf, mit hinein in die kleine Kirche darf unser Hund nicht. Als es anfängt zu regnen flüchten wir in’s Kurpark-Café Kolonada, wo Hunde willkommen sind.
Gegend Abend zieht der Regen ab und sie Sonne taucht alles in warmes Abendlicht. Einen Stellplatz für die Nacht finden wir vor den Toren Druskininkais: Ein Picknickplatz am Ilgis-See. Solche mit Sitzmöglichkeiten, Feuerstelle, Mülleimern und oftmals auch Badestegen ausgestatteten Plätze gibt es überall im Baltikum. Herrlich wie Yeti hier ohne Leine herumschnüffeln kann, während wir den Grill anschmeißen. Keine Autos, kaum andere Leute, dafür Wasser, Moos und Kiefern – Freiheit für den Hund also. Aber Achtung: Hunde mit Jagdtrieb haben hier, wo sich Hase, Fuchs und sogar Elch gute Nacht sagen, sicherlich ihre ganz eigene Vorstellung von Urlaubsgestaltung.
Sowjet-Nostalgie und traurige Tiere – Litauen mit Hund und Van
Als sehr sonderbar empfinden wir am nächsten Tag den Ausflug in den Grutas Park, fünf Kilometer von Druskininkai entfernt. Viliumas Malinauskas, ein reicher litauischer Großhändler für Pilze, eröffnete 2001 diesen Skulpturenpark, indem er seine Sammlung an, nach der litauischen Unabhängigkeit ausrangierten, sowjetischen Statuen ausstellt. Ohne Yeti, denn Hunde sind im Grutas Park leider verboten, wandeln wir auf Waldwegen vorbei an Lenin und Stalin, an Hammer und Sichel, an Wachtürmen, Stachedrahtabzäunungen und Gulagnachbildungen. Eine irgendwie bedrückende Atmosphäre, die noch bedrückender wird, als wir den zum Park gehörenden Zoo besuchen. Die meisten Tiere, insbesondere die Braunbären, werden hier in wirklich erschreckendem Zustand gehalten! Etwas aufgeheitert werden wir anschließend im Park-Restaurant, das den eigentlichen Besucherwert des Park darstellt, finden wir. Der Limonade-Automat am Eingang funktionert nicht mehr und an vielen Ecken wabert uns russische Musik aus Flüstertüten um die Ohren, aber diese merkwürdige Nostalgie hat was. Drinnen werden wir von netten Bedienungen in Pioniersuniform begrüßt und in aus der Karte mit litauischen und insbesondere russischen Gerichten wählen wir die Rote Beete Suppe und kleine Heringe zum Wodka, die wir verspeisen, während uns von den hohen Wänden ausgestopfte Wildschwein- und Hirschköpfe anstarren.
Honig schlecken im Dzūkija-Nationalpark – Litauen mit Hund und Van
Der Dzūkija-Nationalpark ruft – scheinbar noch Geheimtipp. Im Dorf Marcinkonys besuchen wir zusammen mit Yeti das Infozentrum des Nationalparks und erfahren über das größte Moorgebiet Litauens und seiner Tierwelt mit Wölfen, Elchen, Bibern, Auerhahn und Seeadler. Den hier erstandenen Pott mit dem, für diese Region typischen Waldhonig, laden wir im Van ab, bevor es los geht zum Wandern. Auf unserer Tour entdecken wir Bienenstöcke in ausgehöhlten Kiefern. Überall in diesem Gebiet wurden Bienen als bescheidene Erwerbsquelle gezüchtet. Wir passieren ein kleines Dorf mit hutzeligen Holzhäusern. Die Zeit scheint hier still zu stehen.
Hinein in die Spaßrepublik – Litauen mit Hund und Van
Auch wenn wir bei unseren Reisen mit Hund die Natur vorziehen, wollen wir Vilnius, die Hauptstadt Litauens nicht verpassen. Dafür fahren wir rund 120 Kilometer gen Nord-Ost und steuern das Downtown Forest Hostel & Camping in Vilnius’ Stadtteil Užupis an. In diesem Hostel mit gemütlichem Biergarten im Grünen, sowie kleinem Campingplatz auf dem umzäunten Areal, sind Hunde gern gesehene Gäste. Das Hostel, die Besucher und überhaupt der gesamte Stadtteil sind eingetaucht in eine freundliche, alternative und kreative Atmosphäre. Schließlich gilt das Künstlerviertel Užupis seit 1997 als „freie Spaßrepublik“ mit ganz eigenen Regeln, die an einer Tafel in 41 Artikeln nachzulesen sind. Artikel 12 besagt zum Beispiel: „Ein Hund hat das Recht ein Hund zu sein“ 🙂 Užupis mit seinen charmanten Cafés, Galerien und Lädchen, mit seiner Musik und fabelhaften Skulpturen und Wandmalereien und mit seiner Schaukel die unter einer Brücke über dem Fluss Vilnia baumelt, möchten wir am liebsten nicht mehr verlassen. Auch Yeti fühlt sich hier wohl. Er scheint die Entspannung hier zu spüren.
Aber auch andere Ecken der Stadt mit ihrer barocken Architektur und den Kopfsteinpflastergassen sind sehenswert. Wir erklimmen den Burgberg mit dem Gediminas-Turm und genießen eine tolle Aussicht über Vilnius. Im Park am Fuß des Bergs macht Yeti eine Entdeckung: Aufgeregt umkreist er die Statue „Litauische Bracke“. Unsere anschließende Recherche ergibt, dass die Rasse „Litauische Bracke“ eine der ältesten Jagdhunderassen im Land ist und bereits im 16. Jahrhundert als Hund der Adligen in schriftlichen Quellen erwähnt wird.
Zwischen Rittern auf der Wasserburg – Litauen mit Hund und Van
Noch ein Stück weiter zurück in der Zeit geht es auf der Inselburg Trakai. Nur 30 Kilometer auswärts der Hauptstadt liegt die mittelalterliche Backsteinburg inmitten des Galve Sees. Über eine lange Holzbrücke spazieren wir auf die Insel und dann, weil wir ja mit Hund unterwegs sind, anstatt in die Burg hinein auf einem schönen Rundweg innerhalb 20 Minuten drumherum. Im Juni ist es hier warm und Yeti freut sich über den klaren See, zudem er flache Einstiegsmöglichkeiten findet, während wir ein Picknick mit „Kibinai“ machen. Diese gefüllten Teigtaschen sind eine karäische Spezialität, die Frauen in Trakai aus Körben am Wegrand verkaufen. Diese Frauen sind vermutlich Karäer, eine jüdische Glaubensgemeinschaft, die in gelben Holzhäusern mit stets drei zur Straße ausgerichteten Fenstern in Trakai wohnen. Zurück auf dem Festland und ein Stück entlang des schönen Uferwegs hören wir Dudelsack- und Schalmei-Klänge, der Duft von frisch gebackenem Brot steigt uns in die Nase – Es ist Mittelalter-Festival in Trakai! Wir haben schon viele Mittelaltermärkte besucht, aber dieser, mit Wald, Wiese, Wasser und Ritterburg gefällt uns besonders gut. Wir nehmen mit Yeti im Schatten platz, trinken kühles Honigbier und beobachten Bogenschützen bei ihrem Turnier. Zum Bier passt der typische Snack des Baltikums: Geröstete Brotstreifen –Lecker!!! Yeti trifft hier viele Artgenossen. Hunde kann man zu diesem Event, welches 2020 am 11. und 12. Juli sowie am 29 und 30. August statt findet gut mitnehmen. Das Gelände ist weitläufig und angenehm grün.
Seen soweit das Auge reicht – Litauen mit Hund und Van
Wunderbar urlauben mit Hund lässt es sich auch im Nationalpark Aukštaitija mit seinen über 100 miteinander verbundenen Seen zum Baden und Kanufahren. 12 Campingplätze gibt es im Nationalpark, aber auch viele Picknickplätze an denen man im Zelt oder Wohnmobil übernachten kann. Im Dörfchen Ginuciai baden wir im Strudel einer Wassermühle – ein uriges Erlebnis. Die schönste Aussicht über die unendlich erscheinende Wald- und Seenlandschaft haben wir vom Ladakalnis-Hügel, einem heidnischen Kultplatz, und ein Besuch des mitten im Wald gelegenen Imkereimuseums im Weiler Stripeikiai lohnt auf jeden Fall, auch wenn Hunde nicht hinein dürfen.
Mehr über den Aukštaitija Nationalpark lest ihr in meinem Bericht Badespaß, Bienen und Biber in Litauen – Eine Tour durch den ältesten Nationalpark in Litauen
In der Hauptstadt der Bierbrauer – Litauen mit Hund und Van
Wer Lust auf einen Ort hat, den sicher nicht jeder Tourist in Litauen aufsucht, der macht es so wie wir und fährt Richtung Norden in das Städtchen Biržai – Litauens Bierbrauer-Hauptstadt. Laut unserem Reisebuch finden im Heimatmuseum auf der Schlossburg Radvilla Verkostungen des Gerstensafts statt – leider nicht so, als wir dort sind. Statt dessen umrunden wir die Burg indem wir auf einem Wall spazieren (eine herrliche Gassi-Runde) und treffen zwei nette Tourismus-Volontärinnen aus Bosnien und Griechenland, die uns zur bekanntesten der fünf Brauereien führen. Bei „Birzu alus“ werden zahlreiche Biersorten direkt aus dem Fass in Flaschen abgefüllt. Wir entscheiden uns für vier unterschiedliche Biere und bedanken uns bei den Volontärinnen für die weiteren Insidertipps. Ohne sie hätten wir die einzigartige Kalksteinlandschaft mit ihren Karstlöchern und -Seen rund um Biržai wohl nicht entdeckt. Etwa 9000 Karstlöcher soll es im Regionalpark Birzai geben und jährlich kommen neue hinzu. Ein echtes Abenteuer für Yeti ist der Abstieg in die „Karves Ola“, die „Kuh-Höhle“ beim Dorf Pabirze sowie der Aufstieg auf den Aussichtsturm im Dorf Kirkilai. Okay, zugegeben, Yeti nehmen wir nur mit bis auf Etage eins. Dann bringen wir ihn zum Warten zurück in den Van. Der Gitterboden und die Höhe sind einfach nichts für unseren guten alten Vierbeiner. Aus 32 Meter Höhe haben wir dann einen einnmaligen Blick auf die Kirkilaier Karstseen, die durch das Einbrechen unterirdirscher Höhlen entstanden sind.
Ab an’s Meer – Litauen mit Hund und Van
Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss und so wartet mit unserer letzten Station, der Kurischen Nehrung, ein Höhepunkt Litauens. Einmal quer durch das Land fahren wir nun, um an’s Meer zu kommen. Von Klaipeda geht es mit der Autofähre hinüber auf die 98 Kilometer lange Landzunge nach Smiltyne. Nicht nur die Fähre kostet, man zahlt auch eine Maut als Eintritt auf die Nehrung. Die Nehrung ist zur einen Hälfte russisches, zur anderen litauisches Gebiet. Auf russischer Seite grenzt sie als Exklave Kaliningrad an das Festland. Für die Anreise auf den litauischen Teil muss eine Fähre genommen werden. Weiter Sandstrand, Wanderdünen, bunte Fischerhäuser, auf der einen Seite das Haff, auf der anderen die Ostsee – es ist herrlich hier. In Juodkrante wandern wir mit Yeti auf dem Hexenpfad, der mit 82 hölzernen Figuren aus der litauischen Sagenwelt gesäumt ist. Anschließend gibt es leckeren Kuchen im Garten des türkisen Cafés Pamario Takas.
Die Straße weiter Richtung Nida stößt man kurz hinter Juodkrante auf tierische Bewohner der Nehrung: Die riesige Kormoran-Kolonie. Die schmalen Parkplätze am Randstreifen sind nicht augeschildert, aber schon von weitem erkennt man das Areal der schwarzen Kormorane an den vielen abgestorbenen Bäumen. Die Fisch fressenden Taucherkönige bauen ihre Nester in den Kronen dieser Kiefernwälder und ihr scharfer Kot lässt Blätter und Äste absterben. Wir erklimmen die Aussichtsplattform und sind umgeben von Gekrächze und Gestank. So viele Kormorane auf einmal, das ist schon schwer beeindruckend. Man sollte die Kormorane nicht erschrecken, erfuhren wir eben noch beim Kaffee in Juodkrante. Denn dann könne es schonmal passieren, dass die einen Fisch ausspucken und wenn dieser einen aus der Höhe trifft, sei das nicht ohne! Und nochmal zurück zu den tierischen Bewohnern der Nehrung: Neben vielen Vogelarten leben hier auch Wildschweine, Hirsche und Elche.
Als unser Hund am Folgetag durch den Sand der höchsten Düne Europas furcht und am Hafen der früheren Künstlerkolonie Nida ein Fischbrötchen abstaubt, scheint er durch und durch glücklich. Verbotsschilder für Hunde am Strand haben wir übrigens nirgendwo in Litauen gesehen. Habt ihr andere Erfahrungen gemacht? Dann schreibt sie doch unten in die Kommentare.
Litauen ist toll für eine Reise mit Hund. Für uns soll sie noch weiter gehen. Lettland und Estland stehen auf dem Plan.
Einreise-Info – Litauen mit Hund
Es gelten die gängigen Bestimmungen der EU-Länder, d.h. der blaue EU-Heimtierausweis muss mitgeführt werden. Er dient u.a. dem Nachweis der Tollwutimfung. Da für die Ausbildung eines wirksamen Impfschutzes eine Zeitspanne von 21 Tagen erforderlich ist, bedeutet dies im Falle einer Erstimpfung, dass diese mindestens 21 Tage vor Grenzübertritt erfolgen muss. Wird eine Wiederholungsimpfung erst nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der letzten Impfung verabreicht, so entspricht diese Impfung einer Erstimpfung (Gültigkeitsdauer der Impfung ist im Pass vermerkt). Quelle: auswaertiges-amt.de
So erreicht ihr Litauen – Litauen mit Hund und Van
Eine Möglichkeit ist die Fähre von Kiel nach Klaipeda. Rund 20 Stunden dauert die Überfahrt und kostet in der Hauptsaison für zwei Personen mit Hund in einer Zweibettkabine zirka 250 Euro (One-Way). Auf den Fähren gibt es spezielle Haustierkabinen, die man unbedingt rechtzeitig buchen sollte! Zum Gassigehen während der Fahrt stehen Hundedecks zur Verfügung.
Weitere Informationen gibt es auf der Seite des Fährunternehmens DFDS Seaways
Allen die mehr Zeit haben, sei der Landweg entlang der polnischen Ostseeküste und durch die Seenlandschaft von Masuren und Suwalki bis nach Litauen empfohlen. Dort kann man wunderbare Kanutouren unternehmen. Mehr dazu im Bericht „Mit Hund im Kanu durch Polen“
Ich finde, dass ein Wohnmobil mieten immer eine super Idee ist, wenn man mit Hund reist. Es ist gar nicht so einfach etwas zu finden, wo der mitdarf und so hat man das Problem nicht. Ich könnte mir gar nichts anderes mehr vorstellen, wenn es um Ferien mit dem Hund geht. Und zu Hause lassen, möchte ich ihn natürlich auch nicht.
Hallo Camper Fan,
danke für Deine Nachricht. Du hast vollkommen recht, in Begleitung eines Hundes reist’s sich hervorragend im WoMo. Früher oft mit Flugzeug und als Backpacker unterwegs, fahren wir, seitdem wir Hunde haben nun stets mit dem Van. Obwohl es auch tolle Hotels gibt, die extra auf Leute mit Hund eingestellt sind…das muss man schon sagen.
Viele schöne Reisen mit dem tierischen Freund wünscht euch
Caro