Schlittentraining mit Alaskan Huskies
Zwei aufregende Wochen Roadtrip durch Schweden liegen hinter uns, die wir im Camper stets gen Norden fuhren, bis wir am 16. Oktober 2016 unser Ziel in Lappland erreichten: Katharina Koch-Hartke hatte uns eingeladen, auf ihre Farm in Miekojärvi in der Gemeinde Överkalix, nahe der finnischen Grenze, knapp südlich des Nordpolarkreises. Vor neun Jahren war sie aus dem kleinen Ort Borgholzhausen am ostwestfälischen Teutoburger Wald ausgewandert, um im hohen Norden ihren Traum vom Leben mit Schlittenhunden (derzeit neun Alaskan Huskies) in Europas letzter Wildnis wahr werden zu lassen.
Jetzt sitzen wir gemeinsam am knisternden Ofen in ihrem roten Holzhaus, wärmen unsere Füße und planen den nächsten Tag. Unser Drahthaar-Vizsla Yeti freundet sich derweil mit Leo an. Leo ist, genau wie Yeti, ein Hund aus dem Tierschutz Südeuropas und wohnt als einziger der vielen Vierbeiner Katharinas dauerhaft mit im Haus. Ihr Rudel Alaskan Huskies ist an die klimatischen Bedingungen des Nordens angepasst und lebt auf der Außenanlage.
Mitten in den Schneesturm hinein
Im Sommer wandert Katharina mit ihren Hunden in die Sümpfe, damit sie sich abkühlen können, im Herbst und dem langen Winter Lapplands trainiert sie jeden Tag mit ihnen für Langdistanz-Schlittenhunderennen, auch unter extremen Wetterbedingungen. „Ich mag es ganz gerne wenn es kälter ist“, meint sie. Die derzeitigen Minus zwei Grad seien doch gar nichts. Im Februar fallen die Temperaturen in Överkalix auch locker Mal auf Minus 30 Grad. Wie gut, dass ich für Yeti im Vorfeld der Reise einen warmen, wasserabweisenden Hundemantel gekauft habe, den ich ihm nun immer dann überstreife, wenn er sich nicht viel bewegt.
Im Oktober beginnt Katharina das intensive Training, zuerst mit dem Wagen auf zirka sieben Kilometer langen Etappen. Schon jetzt kann in Lappland der erste Schnee fallen, eine beständige Schneesituation gibt es aber erst von Dezember bis Ende April. Bei genügend Schnee steigt Katharina auf den Schlitten um, die Etappen werden länger. „Ich fahre mit meinen Huskies manchmal direkt in einen Schneesturm hinein. Übernachtet wird draußen am Lagerfeuer. Ein unbeschreibliches Naturerlebnis!“, schwärmt die Hundefreundin. Wie bei den richtigen Rennen, baut sie „Checkpoints“ in ihr Training ein. In diesen Ruhepausen müssten die Huskies lernen das Beste aus der Regenerationszeit herauszuholen. Angst habe sie keine, allein in der Wildnis. Die Wolfs- und Braunbärenpopulation sei in südlicheren Gefilden Schwedens höher als in Lappland. Elche konnte sie schon manches Mal beobachten und noch öfter Rentiere, denn die seien nicht so scheu. Einmal ist Katharina mit ihrem Hundegespann bei voller Fahrt in eine Herde Ren geprallt. „Zum Glück ist sowohl den Huskies als auch den Rentieren nichts passiert, bis auf den Schock“.
Die Huskies düsen los
Am Morgen nach unserer Ankunft in Miekojärvi ist es soweit: Katharina spannt ihre Huskies anstatt vor den Schlitten, vor einen geländetauglichen Trainingswagen, da noch kein Schnee liegt. „Jeder Hund hat seine ganz eigenen Stärken. Dennoch handhabe ich die Positionen im Gespann variabel, denn wenn ein Hund verletzungsbedingt ausfällt, ist es gut, wenn ein anderer seine Aufgabe übernehmen kann“, erklärt sie. Beim Einspannen und Anziehen der „Booties“ (Hundestiefel zum Schutz der Pfoten) jauchzen die Hunde vor Aufregung. Auch ich bin gespannt wie ein Flitzebogen und sehe in dem Ganzkörper-Schneeanzug, den mit Katharina in weiser Voraussicht zur Verfügung stellte, aus wie ein Marsmännchen. Bis alle Hunde ihre Booties an den Pfoten haben, dauert es eine Weile. Katharinas Partnerin Johanna hilft im Gewusel. „Setz dich schonmal in den Wagen, ich springe gleich auf“, ruft Katharina und schon sausen wir los. Mit leichtem Motorantrieb plus Zugkraft der Huskies preschen wir eine Stunde lang mit 13 km/h über holprige Forstwege. Ein riesen Spaß!
Lagerfeuer und Lappland-Romantik
Ruft Katharina „Haw“ biegen die Hunde nach links ab. Beim Kommando „Gee“ geht es nach rechts. Erstaunlich wie gut die Huskies beim Laufen auf Katharinas leise Ansagen hören. Stopp am Wassergraben. „Eine kurze Abkühlung“, sagt die Musherin und die Huskies legen sich in das schon leicht gefrorene Nass, bevor sie drei Minuten später wieder Schwung aufnehmen.
In der Trainingspause entzündet Katharina ein Feuer auf einer Waldlichtung. Für die Hunde legt sie Stroh aus, damit diese auf trockenem Untergrund ruhen können. Und da kommt auch schon Johanna mit Freunden, meinem Bruder Simon und mit Yeti im Auto zum verabredeten Treffpunkt. Yeti konnte nicht mit auf den Traningswage, viel zu rasant. Und Mitlaufen? – Mit seinen damals 12 Jahren hätte der alte Herr mit der wilden Huskie-Meute nicht mithalten können. Nun freut er sich mich zu sehen, und setzt sich zu mir an das Lagerfeuer. Katharina kocht Kaffe über den Flammen. Starke Röstaromen aus der kokeligen Kanne, dazu der Geruch des Feuers, den Hund neben mir liegend und Blick über die herrliche Wald- und Moorlandschaft – pures Lappland-Feeling.
Rückweg entlang der Ostseeküste
Am nächsten Tag müssen wir wieder aufbrechen. Habe ich für den rund 2500 Kilometer langen Hinweg die Route durch das nach Norden immer einsamer werdende Inland Schwedens gewählt, fahren wir Ende Oktober kurz vor Wintereinbruch im Camper entlang der belebteren Ostseeküste zurück gen Süden. Hier ist das Klima etwas milder und die Straßen sind breiter, sodass man deutlich schneller voran kommt.
Südlich der Stadt Skellefteå zweigen wir von der Hauptstraße E4 ab Richtung Bjuröklubb. Die Klippe befindet sich in einem wunderschönen Naturreservat. Wir finden einen kleinen Parkplatz direkt am Meer, auf dem wir über Nacht stehen können. Da wir noch zwei Stunden Zeit haben, bis es dunkel wird, wandern wir hinauf zum Leuchtturm und staunen dabei über skuril aussehende Moose und Flechten, die sich hier im Meersklima auf den Steinen bilden.
Nordische Tierarten und ein Ziegenbock
Über Umeå und Sundsvall geht es weiter Richtung Gävle. Bevor wir die nette Stadt mit studentischer Atmosphäre besuchen, wollen wir uns noch den Järvzoo in Järvsö anschauen. Im Järvzoo kann man Tierarten beobachten, die im Norden Skandinaviens beheimatet sind. Über Holzstege geht es teils steil durch herrliche Wälder, in denen wir Vielfraßen, Moschusochsen, Wölfen und Polarfüchsen begegnen. Die Anlagen für die Tiere sind weitläufig. Hunde dürfen leider nicht mit in den Järvzoo. Vom Parkplatz aus, der mitten im Wald liegt, drehen wir deswegen im Anschluss noch eine große Runde mit Yeti durch die Natur. Rund um den Tierpark hat er ganz schön was zu schnüffeln.
In Gävle finden für unseren Camper eine gute, kostenlose Stellmöglichkeit am Park, nahe des Uni-Klinik-Geländes. Durch den Park geht es dann hinein in die Fußgängerzone der Stadt. Auffällig sind die vielen Ziegenbockfiguren. Sie deuten wohl schon auf die Vorweihnachtszeit hin, in der in Gävle traditionell ein riesiger Bock aus Stroh aufgestellt wird, der aufgrund von Brandstiftern nur durchschnittlich jedes zweite Weihnachten überlebt.
Da wir aber zu Weihnachten längst zuhause sein möchten, geht es innerhalb der nächsten vier Tage über Örebro, zwischen Schwedens größten Seen Vänern und Vättern hindurch zurück. Eine kurze Überfahrt mit der Fähre von Helsingborg nach Helsingør und schon sind wir in Dänemark und auch bald zurück in Deutschland.
Wollt ihr mehr über Katharinas Leben mit ihren Huskies in Lappland erfahren? Dann schaut mal auf ihrem Blog Arctic Lifestyle vorbei!
Hier entlang zum Anfang der Geschichte: Mit Yeti zum Nordpolarkreis – Teil 1
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