Tiererlebnisse in St. Petersburg
Ein Städtetrip muss nicht immer nur aus Shopping und Kulturprogramm sowie Museums- und Kirchenbesuchen bestehen. Auch Tier- und Naturfreunde, die es sonst vielleicht eher in Wiesen und Wälder verschlägt, können im Stadtdschungel den Horizont ihres Interessensgebiets erweitern. Im Winter 2017/2018 machten wir in Russlands zweitgrößter Stadt, der Fünf-Millionen-Einwohner-Metropole St. Petersburg, einige tierisch interessante Entdeckungen. Kommt mit und erlebt Tiere in St. Petersburg…
Mit der tiefsten Metro der Welt, deren meiste Stationen architektonisch überaus beeindruckend sind, rattern wir auf der Linie 1 bis zur Haltestelle Admiralteyskaya. Nächstes Superlativ: Die 125 Meter lange und somit größte Roltreppe der Welt befördert uns aus dem Untergrund an’s Tageslicht. Vorbei an der mächtigen Isaak-Kathedrale mit ihrer goldenen Kuppel laufen wir in die Straße Ulitsa Yakubovicha. Hier im Haus Nr. 10 wartet unser erstes Tiererlebnis in St. Petersburg.
Das Katzen-Café – Tiere in St. Petersburg
Mit einem „Katzen-Visum“ müssen wir uns in die „Cats Republic“ einchecken. In einen kleinen Ausweis tragen wir unsere Namen, unser Herkunftsland, sowie unser Alter in Katzenjahren (d.h. geteilt durch sieben) ein. Zack, der Visa-Kontroll-Stempel wird hinein gedrückt und wir dürfen eintreten. In zwei gemütlichen Räumen, deren Wände bunt bemalt mit Katzenmotiven sind, tummeln sich Katzenfans aus aller Welt. In einer großen Glasvitrine sind Katzenkuriositäten, vom Porzelantierchen bis hin zur Katzenmaske ausgestellt. Wir nehmen Platz neben der Katzen-Bibliothek im Katzen-Café und bestellen einen „Catuccino“. Bezahlt wird anschließend mit Katzentalern. Schon beim Eintreten kann man seine russichen Rubel in die Währung der Cats Republic tauschen.
Nach einer halben Stunde macht eine Café-Mitarbeiterin einen Aufruf auf russisch. Für uns leider nicht zu verstehen, aber wir kapieren zumindest, dass wir uns nun Plastikhüllen über die Schuhe streifen und die Hände waschen sollen, zum Schutz der Tiere, auf die wir gleich treffen. Gesagt getan und wenig später finden wir uns in einem begehbaren Holzschrank wieder. „Das ist der Zauberschrank. Sagt dreimal Miau, dann dürft ihr die Tür zur anderen Seite öffnen“, richtet sich die Mitarbeiterin dieses Mal auf Englisch an uns. Ein wenig albern kommt sich schon vor: „Miau, Miau, Miau“, rufen wir im Duett und schieben die knartzende Tür auf.
Das runzlige Gesicht einer Nacktkatze blickt uns entgegen und bringt uns direkt zum Lachen. Nach und nach machen wir auch Bekanntschaft mit den 27 weiteren Stubentigern aus 19 verschiedenen Rassen. Sie alle leben als Hauskatzen in der Cats Republic und können täglich von Katzenfreunden besucht werden. Wichtigste Regel der Katzenrepublik: Nur die Katzen streicheln, die Interesse zeigen. Es gibt Katzenspielzeug, Kratzbäume, Kletterlanschaften, ja sogar Betten und Sofas in Katzengröße. Das Team der Cats Republic informiert über den richtigen Umgang mit den Samtpfoten und berichtet über deren Herkunft und Vorgeschichte. Weitere Infos zum Katzenerlebnis in St. Petersburg findet ihr auf der Facebookseite der Cats Republic.
Das Zoologische Museum – Tiere in St. Petersburg
Weniger lebendig, aber mindestens genaus so vielfältig und interessant geht es im Zoologischen Museum zu. Es befindet sich im alterwürdigen Gebäudekomplex der St. Petersburger Staatuniversität an der Spitze der Wassili-Insel, direkt am Fluss Neva (Straße Uniwersitetskaja naberschnaja 1, Metro Admiraltejskaja). Wir könnten auch vom Katzen-Café aus über die Dvorcovyi-Brücke in rund 15 Minuten dorthin spazieren und dabei noch Sehenswürdigkeiten wie den Ehernen Reiter oder die Eremitage streifen. Das bietet sich aber nur an, wenn man nicht zu lang im Katzen-Café verweilt, denn das Zoologische Museum ist riesig und nimmt locker einen ganzen Nachmittag in Anspruch.
Den unscheinbaren Eingang des Museums zu finden, ist nicht so ganz einfach: Auf die flussabgewante Straßenseite gehen und dort auf die kleinen Holztüren direkt im Gebäude in der Kurve zur Inselspitze/Strelka achten! Bei dem unscheinbaren Eingang überrascht das Innere umso mehr. Kaum den ersten, wunderschön gefließten Saal mit verschnörkelten Ballustraden betreten, wird uns klar, dieses Museum ist etwas ganz besonderes und wird in zahlreichen Reiseführern viel zu wenig gewürdigt. Wir starten einen einmaligen Ausflug in die Welt der Tiere.
Mit 30.000 ausgestellten Exponaten gehört die Einrichtung St. Petersburgs zu den weltweit größten zoologischen Museen. Etwas befremdlich wirken auf uns die ausgestopften und in Glasvitrinen ausgestellten Hunde und Katzen, die wir als erstes passieren. Als nächstes dann Walrösser und Robben und über all dem, aufgehängt im hohen Saal das vollständige 27 Meter lange Skelett eines Blauwals. Ein besonders guter Blick auf diese imposanten Knochen, die teils größer sind als wir selbst, ergibt sich von der Galerie aus. Hier oben bestaunen wir dann auch gleich die 6500 Arten umfassende Insektenausstellung. Im nächsten Saal folgen Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere. Wahnsinn, diese geballte Vielfalt an Tierkörpern, die alle in Lebensgröße betrachtet werden können und in den letzten zweihundert Jahren gesammelt wurden. Unter ihnen auch bereits ausgestorbene Arten wie der Beutelwolf. Weltweit einzigartig sind drei Mammutskelette. Das älteste Tier, so wird angenommen, lebte vor rund 44.000 Jahren. Es wurde während einer Expedition 1900 im Permafrostboden von Jakutien gefunden.
Nach zirka drei Stunden haben wir alle Exponate gesehen. Uns tuen die Füße weh, wir sind platt von den vielen Eindrücken und überlegen: „Gibt es eine Tierart, die hier nicht ausgestellt ist?“. Der Besuch des Zoologischen Museums gehörte für uns zu den Höhepunkten St. Petersburgs. Absolut empfehlenswert! Weitere Informationen, auch zur Geschichte des zum Zoologischen Museums, gibt es hier.
Der Leningrad Zoo – Tiere in St. Petersburg
Der Zoo von St. Petersburg liegt im historischen Stadtteil Petrograder Seite und ist am besten zu erreichen, wenn man an der Metrostation Gorkovskaja (Linie 2) aussteigt. Von hier aus wandert man durch den Aleksandrovskij Park vorbei an der der kleinen Haseninsel, auf der die Peter- und Paul-Festung steht. 1703 inmitten einsamen Sumpflandes errichtet, markiert die Festung die Keimzelle der Stadt. Wer Lust auf einen guten Kaffee hat, sollte im Park in das kleine und wirklich nette Café in der künstlichen Grotte einkehren.
Angekommen am Zoo, bestätigen sich unsere nicht all‘ zu großen Erwartungen, vielleicht sollte man besser von Befürchtungen sprechen. Die Tierhaltung entspricht keinesfalls den Standarts, die wir aus den meißten Nord- und Mitteleuropäischen Zoos kennen. Viele der Tiere aus 600 verschiedenen Arten leben dort in viel zu kleinen Gehegen und zeigen Verhaltensauffälligkeiten. Beobachtet man in zahlreichen europäischen Zoos Tiere in Landschaften, die ihrer natürlichen Heimat nachempfunden sind und in denen sie manches mal auch mit anderen Arten zusammen untergebracht sind, vegetieren hier Nasenbär, Fuchs, Eisbär oder Leopard in Einzelhaltung hinter Gitterstäben vor sich hin. Sicherlich fehlt es an Geldern zur Verbesserung dieser Bedingungen und an manch einer Stelle erkennt man Bemühungen und Fortschritte. Bis der Leningrad Zoo einen einigermaßen akzeptablen Standart erreicht, scheint es aber noch ein langer Weg zu sein. Auch die Zoo-Anlage an sich wirkt wenig ansprechend. Der Zoo wurde 1865 gegründet. So gut wie alle historischen Gebäude wurden während des zweiten Weltkriegs zerstört.
Ein Besuch dieses Zoos drückt auf’s Gemüt, vermittelt aber ein Bild davon, wie Tierhaltung in anderen Ländern aussehen kann und wie anders Zoobesucher dort auf die Tiere reagieren. Hier geht es zum Internetauftritt des Petersburger Zoos.
Das Ozeanarium „Planeta Neptun“ – Tiere in St. Petersburg
Wir sehen sie schon von weitem, die blaue Leuchtschrift „Planeta Neptun“. Sie prangt auf einem Shopping-Zentrum, in dem sich neben Läden, Fastfood-Restaurants, einem 7D-Kino und Dino-Park auch das 2006 eröffnete Ozeanarium St. Petersburgs befindet. Mit der Metro-Linie 5 sind wir bis zur Station Zvenigorodskaja gefahren. Von dort aus läuft man durch einen kleinen Park in fünf Minuten direkt auf das Shopping-Zentrum in der Straße Ulitza Marata zu und kann dort in die Unterwasserwelt eintauchen.
48 Aquarien mit See- und Meeresbewohnern aus aller Welt erwarten den Besucher. Das obligatorische Foto, für das man sich im Eingangsbereich in ein riesiges Haigebiss stellt, nehmen wir auch mit. Ein bisschen Spaß muss sein. Der gesamte Komplex wirkt modern und ansprechend, dennoch gibt es auch hier (ähnlich wie im Zoo), einige Terrarien, die eindeutig zu klein sind für Echse und Co.. Schön hingegen finden wir das große Aquarium der Quallen, welches immer wieder mit anderen Farben angestrahlt wird und vor dem man in Dunkelheit platznehmen und die durchsichtigen Medusen mit ihren anmutigen Bewegungen beobachten kann. Das entspannt enorm!
Auf einem Fließband stehend, werden wir durch einen 35 Meter langen Unterwasser-Glastunnel gefahren. Über unseren Köpfen schwimmen Haie und Rochen. Auch die gruselig aussehende Kamschatka- oder Königskrabbe, die aufgrund ihrer Größe auch Monsterkrabbe genannt wird treffen wir hier. Zuvor ist sie uns in St. Petersburg bereits auf Märkten in Einmachgläsern oder als Delikatesse auf den Speisekarten begegnet. Gut probieren kann man die Krabbe in verschiedensten Variationen in der Burger & Crab Foodbar an der Ecke der Szene- und Ausgehstraße Uliza Rubinsteijna (Metro Linie 1 Vladimirskaja). Ende der 1960er Jahre wurde die Königskrabbe von russischen Forschern in der Barentssee nahe Murmansk ausgesetzt, wo sie sich plangemäß stark vermehrte, da sie dort kaum natürliche Feinde hat. Die Umsiedlungsaktion vom nördlichen Pazifik in die Barentsee sollte die Versorgungslage in Moskau und Murmansk verbessern.
Noch typischer als die Königskrabbe ist für Russland der Stör dessen Eier/Rogen dort vielerorts als Kaviar verspeist werden. Den Stör kann man im Ozeaneum beobachten, aber auch in den Aquarien der Kaviar-Geschäfte in den Straßen von St. Petersburg.
Kaviar-Kaufläden – Tiere in St. Petersburg
Beim Schlendern entlang der Straße Vladimirsky Prospekt (Metro Linie 4, Dostoevskaja) schauen wir plötzlich anstatt in’s Schaufenster in ein Aquarium. Darin schwimmen viele kleine Störe. Nach genauerem Hinsehen erkennen wir, dass sie zu „Caviar“, Russlands erstem Fachgeschäft für schwarzen Kaviar gehören. Skeptisch betreten wir den edel aufgemachten Laden, in dem in glänzenden Chromkühlschränken Kaviardosen angeboten werden die umgerechnet 300 Euro und mehr kosten und an dessen Bar teurer Wodka zum ebenso teuren Kaviar-Häppchen gereicht wird.
Wir wissen, dass der schwarze Störrogen als kulinarisches Gold Russlands bekannt ist, aber sind Störe nicht längst überfischt und vom Aussterben bedroht? Die Verkäuferin scheint die Fragezeichen über unseren Köpfen zu erkennen und reicht uns eine Broschüre zum Thema bewusster Kaviar-Konsum, herausgegeben vom WWF.
Die wegen Kaviar-Wilderei und Umweltverschmutzung fast ausgestorbenen Störe werden inzwischen in Aquakuturen gezüchtet. In Russland gibt es seit Jahren ein Fangverbot. Dennoch boomt der illegale Handel mit dem „schwarzen Gold“, dessen Preise steigen weil das Angebot sinkt. Beim Kauf solle man deswegen unbedingt auf das CITES-Label achten, das den Namen des Herstellers, das Datum der Produktion, sowie die jeweilige Störart anzeigen muss. Nur dann ist das Produkt legal. Auch werden nur bestimmte Störarten in Aquakulturen gezüchtet. Zu ihnen gehören der Sibirische Stör, der Russische Stör, der Sterlet und der Beluga.
Ein Stück schlauer verlassen wir das Geschäft „Caviar“, kaufen wollten wir die Fischeier nicht. Wer aber tatsächlich schwarzen Kaviar im Urlaubsgepäck mit nach Hause nehmen möchte, sollte ihn aus Gründen des Artenschutzes und um nicht die Kaviar-Mafia zu unterstützen in St. Petersburg nur bei „Caviar“ oder im Feinkostladen „Jelissejew“ am Prachtboulevard Newskij Prospekt erstehen.