Vogelbeobachtung – Zugvögel des Glücks
Ein Pressetermin für die Neue Osnabrücker Zeitung verschlug mich Anfang November in das Goldenstedter Moor – ein faszinierender Ort im Oldenburger Münsterland nahe der Stadt Vechta. Dort durfte ich die Nature Kids and Teens e.V. aus Georgsmarienhütte auf eine Expedition zu den rastenden Kranichen begleiten.
Mit dem Van fahre ich zunächst durch flache, landwirtschaftlich geprägte Landschaft und als ich mich meinem Ziel, dem Naturschutz- und Informationszentrum (NIZ) Goldenstedt nähere, entdecke ich bereits die ersten Kranich-Gruppen, die auf den Feldern am Rand des Moores nach Nahrung suchen. Aus dem Wagen hinaus versuche ich die Vögel mit der Kamera einzufangen. Auf diese Weise kommt man näher an sie heran als später zu Fuß im Moor.
Das Haus im Moor
Angekommen am NIZ/“Haus im Moor“ erwarten einen beste Parkmöglichkeiten und mehrere reizvolle Wanderwege. Bis zum Expeditions-Termin mit Vogelbeobachtung ist noch ein wenig Zeit, die ich zusammen mit Pepe und János nutze um erste Eindrücke im herbstlichen Moor zu sammeln. Die Hunde müssen im Naturgebiet an der Leine geführt werden. Wir laufen ein Stück entlang der Schienen auf der im Sommer die Moorbahn tuckert, vorbei an bäuerlichen Torfstichen und unberührten Renaturierungsflächen. Ich bin überrascht von dieser Gegend die im herbstlichen Dämmerlicht mit ihren gelbblättrigen Birkenwäldchen und den extrem grünen Torfmoos-Flächen mystisch-märchenhaft wirkt.
Dass das Goldenstedter Moor seit jeher die Phantasie der Menschen anregte, zeigen die Märchenbücher und Moor-Produkte im „Haus im Moor“. Dort treffe ich dann auch die „Nature Kids and Teens e.V“ und Gästeführer Ulrich Wohlfahrt. Gespannt brechen wir auf, um nach den „Zugvögeln des Glücks“, den Kranichen zu suchen. Jetzt im November ist idealer Zeitpunkt dafür.
Von Moorleichen und Ziegenmelkern
„Sind hier im Moor schon Menschen versunken?“, frage ich Gästeführer Wohlfahrt woraufhin er vom laufenden Händler Jan Spieker erzählt, der 1828 im Moor umkam und über dessen Leben man im Moortunnel des NIZ, einem Museum unter der Erde, erfahren kann. Mit wachen Augen und gespitzten Ohren laufen wir durch das Gebiet, das zur Diepholzer Moorniederung mit ihren insgesamt 15 Hochmoorkomplexen gehört. Seltene Vogelarten wie Waldschnepfe und Ziegenmelker leben hier, genauso wie Nutrias und Wölfe. Was wir zuerst vernehmen, ist das laute Schnattern einer Gruppe Saatgänse, doch nicht lange und die ersten Kraniche tauchen auf.
Scharfe Augen und große Fluchtdistanz
Zu tausenden lassen sie sich auf ihrem Weg von den Brutgebieten in Skandinavien und dem Baltikum zu Überwinterungsplätzen in Südspanien und Afrika im Goldenstedter Moor nieder – stets im Zeitraum Anfang Oktober bis Mitte Dezember. „Hier verweilen sie zumeist fünf Tage, bis die Energie aufgetankt ist und die Reise weiter gehen kann“, kann Ulrich Wohlfahrt gerade noch erklären, bevor Aufregung ausbricht: „Da kommen sie“, rufen einige Gruppenmitglieder und schnell werden Ferngläser und Kameras gezückt. „Am besten sie stellen sich mehr in das Dickicht und gehen nicht hinaus auf die offenen Fläche“, rät der Exkursionsleiter. Die Kraniche hätten scharfe Augen sowie eine große Fluchtdistanz und nähmen die Menschen als Punkte auch aus dem Flug wahr.
Warum landen die Kraniche ausgerechnet im Goldenstedter Moor?
Der Exkursionsleiter erklärt: „Sie finden hier im Randbereich des Moores mit Ackerflächen mit Körnermais, Getreide und Kartoffeln gute Nahrungsbedingungen und mit den Moorflächen, in denen seit einigen Jahren wieder Regenwasser angestaut wird, beste Ruheplätze. Nachts ruhen die Kraniche im knietiefen Wasser, wo sie vor Feinden wie dem Fuchs sicher sind“. 11.000 Kraniche befänden sich derzeit im Goldenstedter Moor, 43.000 in der gesamten Diepholzer Moorniederung. Beste Chancen also zur Vogelbeobachtung!
Einen Höhepunkt der Kranich-Zählung erlebten Experten und Naturfreunde 2014 wo aufgrund eines Zugstaus durch starken Gegenwind über 21.000 Kraniche im Goldenstedter Moor und 105.000 Exemplare in der gesamten Diepholzer Moorniederung rasteten. Wegen der stets milderen Winter bleiben auch immer wieder einige Kraniche hier und ziehen nicht weiter gen Süden.
Pfannkuchen nach der Vogelbeobachtung
Dunkelheit bricht ein und wir kehren zurück zum NIZ. Dort gibt es zum Abschluss regional-typischen Buchweizenpfannkuchen. „Früher war das die Arme-Leute-Speise in dieser Gegend“, erklärt Ulrich Wohlfahrt. Und wollte ein Verehrer seine Angebetete heiraten, wurde er zunächst bei ihren Eltern zum Essen dieser Pfannkuchen eingeladen. War Speck in ihnen versteckt, hatt er den Segen der Schwiegereltern.
Zum Schluss noch ein paar Fakten, damit Ihr euch die Außmaße der Kraniche vorstellen könnt:
Gewicht: durchschnittlich 6 Kilogramm
Größe: 1,20 Meter
Flügelspannweite: 2,20 Meter
Zum Vergleich: Spannweite Seeadler: 2,50 Meter
Alter: Bis zirka 20 Jahre
Weiterer Tipp für die Gegend:
30 Kilometer südwestlich von Goldenstedt liegt Dinklage mit seinem wirklich schönen und großen Burgpark und der Klosterburg Dinklage. Im Klostercafé kommen Naschmäuler und Kaffee-Junkies auf ihre Kosten.
Oh wie schön! Kraniche!
Dieses Jahr habe ich auch Kraniche gesehen. Und zwar auf Zingst und in der Nähe von Linum. Das war sooo toll! Danke für den Tipp Goldenstedter Moor.
Liebe Grüße, Tanja
Hey Tanja,
Goldenstedt ist wirklich ein Tipp … aber auch in der Nähe von Wagenfeld zwischen Diepholz und Osnabrück landen die großen Vögel. Ein Schauspiel erster Klasse!